Kann man Denken verschenken?
Diese mittlerweile vergilbte Postkarte stand schon vor etwa 20 Jahren auf meinem Schreibtisch und gefiel dort vielen Besuchern.
Was ich heuer verschenke, werde ich oft gefragt. Nun, ich bemühte mich immer schon darum, Freunden etwas zu geben, was sie auf irgendeine Art weiterbringt oder erfreut.
Bücher zählten zu allen Zeiten zu meinen Lieblingen. Und zu Weihnachten dann sowieso. Als Geschenk an mich und von mir.
Heuer verschenke ich etwa den neuen Roman meiner Lieblingsautorin Nele Pollatschek. Ich liebte schon ihr Vorgänger-Buch „Dear Oxbridge“. Im neuen Buch „Kleine Probleme“ erzählt sie vor allem von der Schwierigkeit, sein Leben nicht auf später zu verschieben. Der Roman ist aber nicht nur gefundenes Lesefood für Prokastrinierer; auch die Sprache des schillernden Romans ist eine echte Seelenweide. Man lese hier …
Stermann erzählt von Gesprächen mit ihr: Wer die Psychoanalytikerin Erika Freeman je erlebt hat – und sei es nur im Fernsehen, dem zaubert sich automatisch ein Lächeln aufs Gesicht: Man glaubt voller Freude an die Möglichkeit von Wundern und die Kraft der Liebe. Dirk Stermanns Buch macht Freude.
Nicht nur für die Autorin dieser Zeilen sind Giovanni di Lorenzos Interviews mit prominenten Zeitgenossen ein Ereignis.
Wer Michael Köhlmeier kennt, weiß, wie verführerisch und mitreißend seine sprachlichen Reisen sind. Wer sich für das Schöne begeistern kann wird im neuen Buch “Das Schöne” mitschwelgen.
Ans Herz legen möchte ich meinen Lesefreunden auch die Bücher vom wunderbaren Independent Verlag mairisch.
Bemerkenswert ist – unter vielen anderen außergewöhnlichen Büchern des jungen spannenden Verlagshauses etwa die Geschichte eines Magazins namens Spring, das sich nicht nur der Liebe zum graphischen Erzählen verschrieben hat, sondern auch der Zusammenarbeit und Solidarität unter den Zeichnerinnen und Illustratorinnen. Die insgesamt 20 Illustratorinnen der Künstlerinnen-Gruppe erzählen vom Zusammensein, vom Austausch zwischen Mensch und Natur, von der Symbiose im Tierreich, von der Solidarität unter Frauen, von Suffragetten und Comic-Gewerkschaften, von der Eheberatung, von Erbe und Familie, vom Aneinandergefesseltsein, ob tragisch oder komisch, von der Sehnsucht nach Gemeinschaft, von Kontaktanzeigen mit Dackeln, vom In-die-Welt-geworfen-sein und von den Möglichkeiten des Sichverbindens.
Eine Augenweide.
Rebekka Reinhard promovierte an der Freien Universität Berlin über Gegenwartsphilosophie. Sie arbeitete viele Jahre mit stationären Patientinnen und Patienten der Psychiatrie und Onkologie. Jetzt ist sie freie Philosophin, Speakerin und berät Entscheiderinnen und Entscheider zu den Themen Führung, künstliche Intelligenz und Diversity.
Ihr Buch “Die Kunst, gut zu sein“ ist im Ludwig-Verlag erschienen und soll einen inneren Kompass bieten für ein Leben, das auch in Krisenzeiten glücklich macht. Ohne Pathos, pragmatisch und berührend, anspruchsvoll und alltagstauglich, mit den Ideen großer Denker von Erich Fromm über Hannah Arendt bis zu Aristoteles liefert sie Stoff zur Reflexion und ganz praktische Denkanstöße. Etwa stellt die Autorin die Banalität des Guten der Arendt´schen Banalität des Bösen gegenüber: “Das Gute kann auf einem ganz kleinen Level im alltäglichen Radius der Banalität des Bösen entgegenwirken. Tatsächlich merke ich, dass ich zufriedener werde, ruhiger, vielleicht sogar resilienter, seit ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe, freundlich zu sein, Menschen zu helfen, schwere Taschen zu tragen, wenn nötig. Und wenn ich auch zu mir selbst gut bin. Da kann sich eine richtige Lebenshaltung daraus entwickeln.“
Um bei einem philosophischen Thema zu bleiben: In existenziellen Krisen der Menschheit ist das Ethos der Aufklärung notwendiger denn je. Das zeigt der Historiker und Schriftsteller Philipp Blom in seinem kämpferischen Essay “Aufklärung in Zeiten der Verdunkelung”. Es sind mit theologischem Schutt behaftete Ideen, die von der gemäßigten Hauptströmung der Aufklärung transportiert wurden und unser Denken und Handeln bis heute prägen. Jetzt ist es Zeit für die wahre, radikale Aufklärung, so fordert der Autor vehement. Das Buch ist ein Aufruf zu einer neuen Klarheit des Denkens. Denn die Probleme von morgen können wir nicht mit der Denkweise und Philosophie von gestern bekämpfen.
Man sollte auf Stimmen wie die seine hören.
Und – last but not least – gibt es auch noch die Bücher rund um “Die Philosophen kommen”, die sich hervorragend als Geschenk eignen.
Frohe Vorweihnachtszeit, liebe Freunde. Im Denken, im Lesen und im täglichen Er-Leben.