Die Kunst als Einspruch gegen die Wirklichkeit
“Wir leben in bewegten Zeiten. Doch das ist nichts Neues”.
Redner der Salzburger Festpiele sind traditionell meist große philosophische Kaliber… ich erinnere mich etwa gern an George Steiner oder Rüdiger Safranski.
Heuer war es Konrad Paul Liessmann, der ein flammendes Plädoyer hielt – über den Wert und die Notwendigkeit von Kunst in unruhigen Zeiten. “Die Wahrheit ist hässlich: Wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zu Grunde gehn”, sagt Friedrich Nietzsche. Was aber heißt das? Liessmann stellt nicht nur Fragen, er gibt auch Antworten.
Und er zitiert unter anderem Friedrich Hölderlin, der in den Wirren der Napoleonischen Kriege eine Ode an die Parzen, ein verzweifeltes Gebet an seine Schicksalsgöttinnen richtete:
Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Daß williger mein Herz, vom süßen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe.
Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heil’ge, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen,
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinab geleitet; Einmal
Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
Und mehr bedarfs nicht? Wirklich nicht? Nun – hier die ganze Rede im Wortlaut.