“Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit“ schrieb Friedrich Nietzsche gegen Ende seines Lebens in „Ecce Homo“. So unbescheiden wie wahr: Als kraftvoller Kritiker der Kultur, der Moral, des Christentums und der gesamten abendländischen Philosophie ist Nietzsche nichts weniger als ein epochales Ereignis des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Und er hat einen neuen philosophisch-poetischen Stil geschaffen.
Die neue Sonderausgabe des Philosophiemagazins widmet sich dem großen Geist. Die Themen, die Nietzsche scharfsinnig ins Visier nimmt sind heute geradezu von besonderer Brisanz. Was bedeutet Leben in einer säkularisierten Welt? Was, wenn Gott tot ist? Wie können wir zu „Fakten“ über die Welt gelangen, wenn es doch nur Interpretationen davon gibt? Seine Idee des „Übermenschen“ wirkt im Lichte heutiger Gentechnik hellsichtig und gefährlich zugleich. Auch seine antidemokratische Kritik am „Herdentier“ Mensch mag manchem heute wieder gefallen.
Feine Urlaubslektüre für Menschen, die sich über Fragen Gedanken machen, die heute aktueller denn je scheinen: Moral, Bildung, Macht, Kunst und Chaos oder die Ewige Wiederkehr des Gleichen. Kann der Mensch über sich selbst hinauswachsen? Eine philosophisch seit jeher faszinierende Frage, die für Nietzsche zentral war. Auch heutige Transhumanisten schließen bei ihren Überlegungen über genetische Veränderungen des Menschen an Nietzsche an.
Und Nietzsches Verhältnis zu Frauen? Seine kurze Liebe zu Lou von Salomé, seiner Schwester im Geiste inspirierte ihn etwa zu einem seiner größten Werke, dem Zarathustra.
Hier einige Inspirationen.
War Nietzsche etwa „Ein Vorläufer des Feminismus“? – (Gespräch mit Annemarie Pieper): Warum Nietzsche, der große misogyne Polemiker, doch zumindest indirekt auch für den Feminismus im 20. Jahrhundert wichtig wurde. Zitat: „Vieles, was Nietzsche über den Übermenschen sagt, lässt sich auch auf Frauen anwenden. Die Vorstellung, dass das Menschengeschlecht über sich hinauswachsen soll. Das ist eine grundlegend emanzipatorische Idee!“
Apropos Übermensch:
“Nietzsche zwingt einen, das eigene Eintreten für die Demokratie aus der denkfaulen Selbstverständlichkeit herauszuholen”, so Rüdiger Safranski im Interview. Und wie ist das mit dem Willen zur Macht?
Safranski: “…. bei Nietzsche gibt es das Machtthema unter einem doppelten Aspekt. Einerseits geht es um soziale Konkurrenz und Politik. Aber es gibt auch einen zweiten Aspekt bei Nietzsche, der immer mitgedacht wird, das ist der personale Aspekt. Macht über sich selbst! Souveränität ist, wenn man mit sich selbst spielen kann, wenn man nicht von seinen Begierden und Bedürfnissen mitgeschleift wird, sondern auf sich selbst wie auf einem Instrument spielt. Ich nenne das den Kammerspielaspekt der Macht, im Gegensatz zum Weltaspekt, in der Arena der großen Politik …”
„Die Postmoderne ist nicht postfaktisch“ – ein Gespräch mit Martin Saar. Zitat: „Die Idee, dass die Wissenschaft die Tatsachen bereitstellt und sich die postfaktische Politik um die Tatsachen nicht schert – das ist ein zu simples Bild von Wissenschaft“.
„Die Endlichkeit hat nicht das letzte Wort“ – Gespräch mit Volker Gerhardt. Zitat: „Der Mensch weiß von seiner Endlichkeit und er erfährt sie in der Regel als schmerzliche Begrenzung… Gesetzt, man hat unter diesen Konditionen plötzlich die Einsicht, dass die Endlichkeit gar nicht das letzte Wort ist, dass vielmehr alles wiederkehrt, dann kann, ja, dann muss dieser Gedanke etwas höchst Befreiendes und zutiefst Tröstliches haben.“
mehr hier und natürlich im neuen Philosophiemagazin.