Auszeit – mit „Philosophie to go“, Interview Teil 2
Lesen Sie hier den zweiten Teil eines Interviews von Die Philosophen kommen mit dem Autor Albert Kitzler.
Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier, der dritte Teil folgt demnächst.
Bleiben Sie dran.
Denken als „unterwegs sein“. Was braucht ein gutes Leben?
Ein Interview mit Albert Kitzler, Teil 2
Albert Kitzler ist Philosoph, Jurist und Filmproduzent in Deutschland. Er beschäftigt sich intensiv mit der Philosophie im antiken Griechenland, in China und Indien. 2010 gründete er „Maß und Mitte“, eine Schule für antike Lebensweisheit, wo er Seminare, Coachings sowie philosophische Matineen leitet und Vorträge hält.
Haben die Menschen den Blick für das Wesentliche verloren? Sie bieten Menschen Hilfestellung, das, was sie schon wissen, auch umzusetzen – schon in den alten Lehren der Antike ist vieles enthalten, was bis heute absolute Gültigkeit hat. Was hält viele Menschen davon ab, glücklich und ruhig zu sein und ein „gutes Leben“ zu führen?
Ja, viele Menschen verlieren Wesentliches immer wieder aus den Augen. Das war übrigens in der Antike nicht anders als heute, weshalb schon damals ein Fokus auf der Umsetzung und Verinnerlichung von Erkenntnissen lag. Wir werden von unseren Prägungen, Wünschen, Begierden und durch äußeren Druck immer wieder in irgendwelche Richtungen gezogen, die uns von unserer Mitte und unseren eigentlichen Bedürfnissen wegführen. Deshalb empfahlen die Alten, sich regelmäßig zurückzuziehen und sich zu sammeln.
Der chinesische Philosoph Zhuangzi drückt es so aus: „Wer sich nur nach außen wendet, ohne zu sich selbst zurückzukehren, der geht als Gespenst um, und hat er, was er da draußen sucht, erreicht, so zeigt sich, dass was er erreicht hat, der Tod ist.“
Alles Wesentliche wurde also schon in der Antike ausgesprochen, in West und Ost…?
Ja, das glaube ich in der Tat, und zwar klarer und tiefer als in irgendeiner späteren Epoche der Geschichte. Diese Weisheiten – westliche und östliche – haben auch heute noch Bestand.
Von „absoluter Gültigkeit“ würde ich im Hinblick auf philosophische Lebensweisheit allerdings nicht sprechen, denn wann, wo und wie wir eine Weisheit umsetzen, das hängt immer von den Umständen und der jeweiligen Situation ab. Schon Aristoteles hat sehr deutlich darauf hingewiesen.
Der chinesischer Philosoph Liezi drückte es einmal so aus: „Außerdem gibt es auf der Welt keine Wahrheit (Weisheit), die unter allen Umständen richtig wäre, und keine Handlung, die unter allen Umständen unrichtig wäre. … Wie man eine Gelegenheit benützt, die rechte Zeit trifft, den Verhältnissen sich anpasst, dafür gibt es kein Rezept, das kommt alles auf die Klugheit (Lebensweisheit, Erfahrung) an.“
Was die Menschen davon abhält, glücklich und in ruhiger Ausgeglichenheit ein „gutes Leben“ zu führen, das ist vor allem Unwissenheit und Trägheit. Wir sind nichts anderes als die Summe unsere Gewohnheiten, wobei mit Gewohnheiten vor allem das Denken, Verhalten und Wollen gemeint ist. Leiden, Unzufriedenheit, Sorgen, Ängste, Ärger und alles das, was uns an einem guten Leben hindert, ist das Ergebnis von schlechten Denk- und Verhaltensgewohnheiten und von zweifelhaften Werten, die hinter allem Wollen stecken. Um leidvolle Gewohnheiten zu ändern, bedarf es aber die rechte Einsicht und ein langes Einüben, damit die neue Gewohnheit in „Fleisch und Blut“ übergehen kann. Andernfalls fallen wir immer wieder in den alten Trott zurück. Die Einsicht beispielsweise, dass uns tägliche Bewegung und regelmäßiger Sport gut tut, haben alle. Weniger zahlreich sind diejenigen, die sich ihr Leben lang daran halten.
Der erste Satz in den „Gesprächen“ des Konfuzius lautet: „Etwas lernen und sich immer wieder darin üben, führt das nicht zu eine glücklichen Leben?“
Die Neurobiologie bestätigt die Notwendigkeit eines Einübens von guten Gewohnheiten: Synaptische Verbindungen in unserem Gehirn und die in den Basalganglien, einer Hirnregion, gespeicherten Denk- und Verhaltensmuster lassen sich nur durch längeren Training umprogrammieren. Die dazu notwendige Entschlossenheit, Konsequenz und Beharrlichkeit bringen leider viele Menschen nicht auf.
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