Nach neuen Meeren – Lyrik und Philosophie
“Dorthin – will ich; und ich traue
Mir fortan und meinem Griff.
Offen liegt das Meer, in′s Blaue
Treibt mein Genueser Schiff.
Alles glänzt mir neu und neuer,
Mittag schläft auf Raum und Zeit –:
Nur dein Auge – ungeheuer
Blickt mich’s an, Unendlichkeit!”
Schöner könnte man dieser Tage wohl kaum in die unsichere Zukunft hineindenken.
Dass Nietzsche – wie etwa hier in seinem berühmten Gedicht „Nach neuen Meeren“ – auch Lyrik schrieb, wissen meine Leser.
Auch dass zahlreiche andere Philosophen – wie Martin Heidegger, Hannah Arendt sowie Denker seit der Antike bis heute immer wieder Bezüge zur Lyrik hatten, ist nicht unbekannt (“Gedichtetes Wort ist Stätte, nicht Hort”, H. Arendt). Wenngleich man doch eher an Dichter denkt, wenn es um Lyrik geht.
Aber generell fasziniert Dichtung, “Sprache als Metapher und als Kommunikation”, … sowie “der kreative Prozess, bei dem sich der Dichter auf den Pfad der Zeitlosigkeit begibt“, wie Hannah Arendt es formuliert, seit jeher nicht nur Philosophinnen und Philosophen: Niemand, der die Sprache wirklich liebt, kommt am gedichteten Wort vorbei.
“Das, was unter dem Gattungsbegriff „Lyrik“ verstanden wird, besteht selbst aus unüberblickbar vielen Höhenlagen”, meint etwa die polnische Dichterin Dagmara Kraus in ihrer aktuellen “Rede zu den roten Göttern“ über die Eigenständigkeit von Lyrik.
Die diesjährige Fachtagung eines Lyrik-Netzwerks Ende November (2017 zur Förderung und Stärkung der Kunstsparte Lyrik gegründet), musste – wie so vieles in dieser Zeit – online stattfinden. Sie behandelt Fragen zur Eigenständigkeit von Lyrik als der Kunstform von Sprache; poetologisches Denken, verschiedene Ansätze, Lyrik zu übersetzen und die Performativität von Lyrik am Beispiel von Spoken Word.
Ja. Dichter auf dem Pfad der Zeitlosigkeit eben. Philosophie pur.
Und – wie war das noch? Die Welt braucht Poesie. Gerade jetzt. In bedrohlichen Zeiten der allzuoft fehlenden Fernsicht. Sensibilität – ob musisch, ästhetisch oder literarisch – ist das beste Antidepressivum. Nebenwirkungen, sprich tatsächliche Glücksgefühle, sind dabei durchaus erwünscht.