Graphic Novel: Hannah Arendt
Heute erzählte mir eine Freundin von einem Coaching in einem jungen Softwareunternehmen, bei dem Mitarbeiter dazu angehalten werden, „keine Warum-Fragen“ zu stellen, das sei nicht zielführend. Meine Empörung darüber ist groß, aber relativ, denn da ich selber genug Erfahrung in großen und kleinen Unternehmen gesammelt habe, kenne ich diese Management-Taktiken zur Genüge. Am anderen Ende meiner Lebensrealität stehen philosophische Werke, mit denen ich allzu gern meine Zeit verbringe, weil ich jemand bin, der seit frühester Kindheit meine gesamte Umwelt permanent mit „Warum-Fragen“ genervt hat. Philosophie ist freilich nicht jedermann oder /-frau zugänglich, weil sie oft allzu verkopft, elitär und verklausuliert daherkommt. Umso einnehmender und wichtiger sind die so genannten Sachcomics, die ich schon öfter empfohlen habe; wie etwa die aus der Reihe von tibiapress – ich liebe sie alle – ob sie Zizek, Nietzsche, Wittgenstein erklären oder auch Begriffe wie Zeit, Unendlichkeit und Quantentheorie, sie sind alle fabelhaft, lustig, und kreativ – und in Wahrheit grossartig professionell gemachte Einführungen in wissenschaftliche Disziplinen oder Denkwelten großer Persönlichkeiten.
Verwandt mit den Sachcomics sind die Graphic Novels, die in den letzten Jahrzehnten immer populärer werden und das aus bestem Grund: Je komplexer Erzähl- oder Sachtexte sind, desto weniger passen sie in unsere nach Effizienz, Effektivität und Profitmaximierung schreiende Zeit. Wie erfrischend sind doch in diesem Umfeld Inhalte, die etwa episch, komplex, anspruchsvoll oder tiefgründig sind – und denoch in einem kreativen und zauberhaften Gewand daherkommen, was sie nicht nur für kunstaffine Interessierte noch ansprechender und attraktiver macht.
Ein unbedingter aktueller Buchtipp sei meinen Lesern hiermit nahegebracht:
Hannah Arendt: Wer die große Theoretikerin und Publizistin kennt, sei es aus ihren Büchern oder dem deutschen Spielfilm von Margarethe von Trotta aus dem Jahr 2012, wer ihre zahlreichen theoretischen Auseinandersetzungen mit Philosophen wie Sokrates, Platon, Aristoteles, Immanuel Kant, Martin Heidegger und Karl Jaspers sowie mit den maßgeblichen Vertretern der neuzeitlichen politischen Philosophie verfolgt hat, hier bekommt er einen weiteren – künstlerischen – Blick auf die streitbare Jahrhundertdenkerin: “Zu früh, zu wütend, auf so einschüchternde Weise klug, zu jüdisch, nicht jüdisch genug. 1933 floh sie aus Nazi-Deutschland ins Exil, über Tschechien, Italien und die Schweiz zunächst nach Paris. Später dann in die USA. Von dort aus avancierte sie zu einer der großen Ikonen unserer Zeit. <Die drei Leben der Hannah Arendt> skizziert rasant und liebevoll ihren Lebensweg.” Hier gehts zur Leseprobe.