Kann die Philosophie sich selbst denken? “philosophie” auf arte
Genau kann ich es nicht mehr sagen, wann ich die erste Sendung “philosophie” auf arte gesehen habe – vielleicht ist es zwölf Jahre her oder zehn… jedenfalls ziemlich lang. Ich war damals begeistert von der Machart und der Idee, mit (philosophischen) Gästen durch den Alltag spazieren zu gehen und die “vermeintlich trockene Literatur der großen Philosophen mit aktuellem Zeitgeschehen” zu verbinden, wie der charmante Philosoph und Moderator der Sendung Raphaël Enthoven es tat. Sehr oft sah ich die Sendung im Laufe der Jahre, freilich nicht regelmäßig – immer war sie spannend und temporeich – zufällig stolperte ich gestern Nacht wieder einmal über sie. Am Ende hörte ich erschrocken, es soll wohl letzte Sendung aus der Reihe gewesen sein?
Umso engagierter mein Rat: Schauen Sie online, so lange es möglich ist. Jede Sendung ist auf ihre Art einzigartig.
Das immer neue Thema gestern: Die Rolle der Philosophie – ein edler Wettstreit? Handelt es sich bei der Philosophie um eine rein kontemplative Disziplin, bei der der Geist – losgelöst vom Körper – auf Ideenreise geht? Oder geht es auch um einen Kampf der Ideen?
Denken ist das Selbstgespräch der Seele
“Denken ist das permanente Selbstgespräch der Seele über alles, was sie beschäftigt”, sagt Sokrates. Demnach kann man also das Denken als Entstehen einer fragenden Haltung verstehen, bei der man sich selbst von außen betrachtet. Wie wunderbar. Schon als Kind fand ich Fragen wichtiger als Antworten, auch wenn ich diese freilich erwartet habe – wenngleich ich sie allerdings oft nicht akzeptierte oder sie wieder in Frage stellte. Nicht immer gereichte mir das zum Vorteil, schon gar nicht in der Schule. Viel später lernte ich, dass Philosophen es als Fortschritt erachten, wenn sie von einer Überzeugung zu einem Zweifel gelangen. Innerhalb der Seele kann es geradezu zu Kämpfen kommen, “wenn der Verstand sich gegen die Meinung richtet – Verstand versus Wunsch, Geist versus Glaube”, meint der französische Philosoph Michaël Fœssel in der Sendung, “aber es ist ein liebevoller Kampf, keiner auf Leben und Tod. Denn es geht darum, den Körper in die Sphäre der Seele zu erheben, zu zeigen, dass sich die Meinung dem Verstand unterordnen kann”. Gut gebrüllt, Löwe. Mehr dazu hier.
In einem Interview mit dem Magazin Cicero aus dem Jahr 2013 spricht der Sendungsmacher Raphaël Enthoven über das Unterrichtsfach Philosophie und meint, er sei erschüttert, dass in einigen deutschen Bundesländern Philosophie nur ein Wahlfach sei. Es könnte also theoretisch Gymnasiasten geben, die nach Ende der Schulzeit nicht einen philosophischen Text gelesen haben. “Philosophie ist ein fundamentales Menschenrecht“, ereifert er sich zu meiner großen Freude. “Ich verstehe nicht, warum das nicht in der Schule gewährt wird. Ich habe Mitleid mit euch!”
Verhängnisvoll, wenn es die köstliche Sendung auf arte nun wirklich nicht mehr gibt.
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