Utopien: Sehnsüchte des Konjunktivs und reale Optionen
„Eine Weltkarte, die das Land Utopia nicht enthielte, wäre es nicht wert, dass man einen Blick auf sie wirft, denn in ihr fehlt das einzige Land, in dem die Menschheit immer landet“, meinte einst der gesellschaftskritische Lyriker und Autor Oscar Wilde.
Fehlt uns heute der Tiefgang? Das Konstruktive und Positive? Und wenn ja, warum halten wir nicht öfter inne? Seit Jahren stelle ich mir immer wieder diese Frage.
Die Sehnsucht, sich in fremde Welten zu denken, ist nie größer als in Zeiten der Krisen. Ernst Bloch und Max Horkheimer drückten es so aus: Utopie ist „Denken nach Vorn“ (Ernst Bloch) als „die Kritik dessen, was ist, und die Darstellung dessen, was sein soll“ (Max Horkheimer).
Wie kann eine Gesellschaft aussehen, die dem Globus wieder Respekt und Würde verleiht? Diesem Fragenkomplex widmet sich heuer auch das Forum Alpbach. Der Traum von einer idealen Gesellschaft ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Utopien dienten auch immer als Werkzeug der Kritik an bestehenden Verhältnissen, wie bereits Thomas Morus’ Insel Utopia in seiner gleichnamigen Erzählung von 1516.
Die aktuelle ORF-Sendung „KulturMontag“ wirft einen kulturgeschichtlichen Blick auf den Begriff „Utopie“ und fragt anhand des Generalthemas der diesjährigen Alpbach-Gespräche „Konflikt und Kooperation“ nach neuen möglichen Utopien, die für ein verantwortungsvolles, ressourcenschonendes, friedliches Zusammenleben nötig sind.
Der Schweizer Journalist und Herausgeber des Buches „Völlig utopisch“, Marc Engelhardt, erzählt in der Sendung von „Beispielen einer besseren Welt“. Engelhardt und weitere “Weltreporter” haben die Protagonisten ihrer in die Tat umgesetzten Utopien weltweit besucht, von Argentinien bis Namibia. Stichworte dazu lauten Anarchie, Nachhaltigkeit, von Liebe und Kreativität über Güte bis zur Informationsfreiheit. Gefunden wurden derlei Impressionen in Dänemark, Indonesien und Neuseeland.
Schön finde ich etwa auch die Antwort des deutschen Schriftstellers und Theoretikers Alexander Kluge, wenn dieser auf die Frage „Was tun?“ in einem Spiegel-Interview zu seinem 80. Geburtstag antwortet: „Im Konjunktiv denken, im Licht der Geschichte und der Zukunft nach Optionen, Möglichkeiten suchen”.