Erotik der Sprache
Nichts ist so verführerisch wie die Sprache dachte ich zu Beginn meines Philosophiestudiums. Die Kunst virtuoser Ausdrucksweise – mit all ihren Mehrdeutigkeiten, Unschärfen und ideologischen Verführungen. Lieber denken oder dichten? erwog ich damals – und auch, was mich wohl mehr faszinierte. Dass die beiden einander ausschliessen könnten, war undenkbar, für mich waren sie niemals Gegensätze. Später wollte ich über die Erotik der Sprache bei Nietzsche dissertieren. Es kam anders; aber die Faszination des Poetischen einerseits und des analytischen Denkens andererseits blieb für mich immer bestehen. Wenn Lyrik und Philosophie aufeinander treffen, kann das wahre Glücksgefühle auslösen; das weiß jeder, dem die beiden verwandten Arten je gemeinsam begegnet sind – sei es bei Nietzsche, Safranski oder eben den beiden Autoren dieses Buches, Michael Köhlmeier und Konrad Paul Liessmann. Begnadeter Erzähler der Eine, brillanter Denker der Andere. Und wunderbar im Dialog.
“Wer hat dir gesagt, dass Du nackt bist, Adam?” erzählt und erklärt die Welt der Mythen. Warum das Eine, die Literatur – oder das Andere, die Philosophie bevorzugen? Erst in der Kombination entfaltet sich der Zauber des Wortes, die Verführung des Mythologisch-Philosophischen.
Wer das Duo Liessmann-Köhlmeier je erlebt hat, zum Beispiel im Rahmen des Philosophicum in Lech, mag das Glücksgefühl des formvollendeten Gedankenanstoßes kennen…
Wer bin ich? Was bedeutet Freiheit? Was ist Schönheit? Pointierte Denkanstöße zu zwölf Schlüsselbegriffen unseres Lebens. Köhlmeier erzählt, Liessmann interpretiert. Ein wunderbares Lesevergnügen.
Michael Köhlmeier · Konrad Paul Liessmann
Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?
Hanser Verlag.
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