Zögern in Zeiten des omnipräsenten Algorithmus
Abwägen? Besinnen? Wer zweifelt, gilt heute als entscheidungsschwach.
Dabei liegt gerade im Herauszögern des Entweder-Oder die wahre Potenz. Zeit für eine Ehrenrettung, meint Alice Lagaay.
Sie ist Professorin für Ästhetik und Kulturphilosophie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Philosophie der „negativen“ Performanz (Schweigen, Nichttun, Indifferenz) und die Beziehung zwischen Philosophie und Kunst.
Mit “Lob des Zauderns” betitelt sie ihren Beitrag im aktuellen Philosophiemagazin:
“Zu zögern bedeutet, den unreflektierten Fluss gewohnheitsmäßigen Handelns zu unterbrechen, das System zu stören.
Zögern heißt: Pausieren. Sich Zeit für eine erneute Betrachtung nehmen, mit der Möglichkeit des Perspektivwechsels spielen, die Konsequenzen einer bestimmten Vorgehensweise überdenken und sich Alternativen vor Augen führen. Als solches ist das Zögern nicht nur Bedingung für eine gründliche Analyse. Es ist, viel grundsätzlicher, der Ort der Vorstellung, der Imagination, des Wunderns und Denkens; der Ort also, an dem Philosophie stattfindet.”
In diesem Sinne: Zögern wir!